Der Speicher wird endgültig abgerissen.
Über die Hälfte der Bad Essener Bürger haben nicht gewählt.
Wer an den Dingen seines Staates nicht Anteil nimmt, ist kein stiller, sondern ein schlechter Bürger. (Perikles)
Hart aber klar. Perikles, erfolgreicher Stratege der Attischen Demokratie, sagte diesen Satz vor 2500 Jahren.
Demokratie heißt, zu versuchen, mit Argumenten zu überzeugen.
Wahlen sind dabei der Moment, auf den es in der Demokratie ankommt.
Der Nichtwähler ist der einzige, der unter Garantie nicht das bekommt, was er will.
Bei der Abstimmung zu Erhalt oder Abriss des Speichers haben über die Hälfte der stimmberechtigten Bürger Bad Essens nicht gewählt.
Warum haben so viele nicht gewählt?
Haben sie gedacht, dass ihre Stimme nicht gebraucht wird, weil die Abrissgegner so gute Arbeit geleistet haben?
Haben sie gedacht, dass ihre Stimme nicht gebraucht wird, weil der Kampf David gegen Goliath sowieso verloren war?
Ist ihnen der Speicher etwa egal?
Nicht etwa nur in den entfernt liegenden Ortschaften – nein, auch und besonders in Bad Essen selbst, in Eielstädt, Wittlage, Lockhausen und Harpenfeld gingen mehr als die Hälfte der Bürger nicht zur Wahl!
Warum das so ist, wird man nie erfahren.
Vielleicht werden die Nichtwähler erschrecken, wenn der Speicher demnächst unter der Abrissbirne krachend zerfallen wird.
Vielleicht wird er ihnen dann fehlen, dieser „Fels in der Brandung“, dieser ruhende Pol, dieser Klotz, der durch die Wahlschlacht so plötzlich zum Keil in der Bad Essener Bürgerschaft wurde.
Ja, so war es – der Speicher wurde gegen Ende der Wahlschlacht immer mehr zu einem Keil, der die Bad Essener Gemeinschaft, die bis dato so wunderbar zu harmonieren schien, auf einmal spaltete.
Der Spalt hat eine Wunde hinterlassen, deren Heilung wohl einige Zeit dauern wird.
Die Verlierer, die für den Erhalt des Speichers gestimmt hatten, sind jetzt traurig.
Nicht weil sie die Wahl verloren haben, sondern weil sie den Speicher verlieren.
Er ist ein gutes altes Stück Bad Essen, das all dem Neuen, das da jetzt am Ufer des Kanals aus dem Boden schießt, wie Pilze nach einem Regenguss, Halt gibt und Kraft.
Er ist – noch steht er ja – ein notwendiger Kontrapunkt.
Der Plan, den die Architekten damals für die Häuser an der Marina entwarfen und der inzwischen fast vollständig umgesetzt wurde, hatte den Speicher als rhythmischen und ästhetischen Gegenpol integriert.
Wenn der Speicher nicht mehr da ist, verliert die Architektur der Marina ihre Spannung.
Ein Kommentar aus der Bad Essener Bürgerschaft — Autor: Viktoria von dem Bussche