
„Organisiert Gebautes nur Handlungen und Abläufe wie: zur Arbeit fahren, zum Einkaufen gehen, schlafen? Bedeutet das nicht umfassend Lebensraum, und gehört dazu nicht Freude, Genuß? Wer sind, wer sollen die Nutznießer sein“
(Zitat Jörg Müller und Heinz Ledergerber 1976 Klappentext zur Bildermappe „Hier fällt ein Haus, dort steht ein Kran und ewig droht der Baggerzahn oder die Veränderung einer Stadt“ Verlag Sauerländer 1976.)
Dieses Zitat aus einer Bildermappe der Gestalter Jörg Müller und Heinz Ledergerber aus dem Jahr 1976 wirft die Frage auf, wohin wir unser Verhältnis zum Wohnen, Arbeiten und Leben entwickeln. Welche Konflikte tun sich zur Erhaltung einer Umwelt auf, die es umfassend zu begreifen gilt. Wer diesen Bilderzyklus schon einmal länger betrachtet hat, entwickelt automatisch ein Nein-Gefühl. *Ein Nein-Gefühl, das den Impuls -so soll es nicht sein- beinhaltet. Doch es lässt uns auch mit der Ratlosigkeit darüber zurück, wie es denn sein sollte.

In den letzten Monaten haben wir intensiv kontrovers um das Gebäude des alten Speichers in Bad Essen gerungen. Ist die Auseinandersetzung um diesen Teil unseres Ortes Bad Essen mit dem Abriss beendet? Wenn nun die einen in der Abrissphase trauern, trauern sie um die Vorstellungen ihrer Phantasie für ein Leben in Bad Essen, das aus dem Objekt so nicht mehr entstehen kann. Wenn sich Bürgerinnen und Bürger über den Abriss freuen, freuen sie sich über die Phantasien, was auf dem freien Gelände neu entstehen könnte.
Wir haben, nach meiner Meinung, mit dem Abriss des Speichers auch die Auseinandersetzung um das Thema begonnen: „Wie möchten wir in Bad Essen in den nächsten 50 Jahren leben.“ Welche Bilder für die Zukunft haben wir, haben die Kinder im Kopf, die jetzt heranwachsen? Denken sie daran, wenn sie sich um den Klimawandel sorgen? Haben sie Vorstellungen davon, wie sich ihr eigener Lebensort entwickeln soll? Wie soll Bad Essen in 20 oder 30 Jahren aussehen? Ich formuliere bewusst, wie soll Bad Essen aussehen. Nicht wie wird es aussehen. Zukunft gestaltet sich nicht passiv.
Was nun, nach dem Speicherabriss folgen kann, wenn wir es wollen und zulassen, ist der schöpferische Akt, mit Freude zu phantasieren und umzusetzen, was wir entstehen lassen wollen. Nicht nur an der Marina. Nicht nur der Gemeinderat ist verantwortlich dafür, sondern wir alle. Wenn wir die Intention der CDU Fraktion zitieren, soll etwas Schönes entstehen. Doch was ist für uns Bad Essener schön? Was macht uns Freude und was lässt uns Genuss empfinden. Was brauchen wir für unser Dasein? Wer sind und sollen die Nutznießer des „Schönen“ sein? Wir, die Bürgerinnen und Bürger Bad Essens, die Gäste, die uns besuchen und ihr Leben für einen Weile mit uns teilen?
Wir stehen mit dem Abriss des Speichers nicht am Ende eines Diskussionsprozesses, sondern am Anfang.
Bad Essen den 17.03.2019 Elke Eilers
*Bei Elke Eilers können Sie die Mappen ausleihen und für Gruppenveranstaltung für Groß und Klein nutzen. Patienten der Praxis Polatzek und Beckmann, Bad Essen kennen den Bilderzyklus auch aus den Praxisräumen.