Leserbrief
Kaffee Partner in Bad Essen…?
Ohne Zweifel: Die Firmenzentrale von Kaffee Partner an der Römereschstraße in Osnabrück ist ein architektonisches Highlight, das die Blicke auf sich zieht und die Brache der ehemaligen Winkelhauskaserne durch seine Präsenz belebt. Die für einen Zweckbau ungewöhnliche Fassadengestaltung hebt sich wohltuend von herkömmlichen Büro- und Verwaltungsgebäuden ab. Doch was hat dieses Bauwerk mit unserer Gemeinde Bad Essen zu tun?
Am vergangen Mittwoch wurden die Bürger*innen der Gemeinde Bad Essen in die Aula der Grundschule Bad Essen zur Bürgerversammlung rund um das Thema „Speicher“ eingeladen. Sowohl Befürworter als auch Gegner eines Erhalts dieses historischen Bauwerks am Mittelandkanal kamen zur Sprache und konnten Ihre Positionen und Ideen den Zuhörer*innen präsentieren. Als ein mögliches Beispiel, was im Falle eines Abbruchs des Kornspeichers auf der dann dort freigewordenen Fläche als Neubau entstehen könnte, wurden den Teilnehmer*innen der Versammlung unter anderem die Firmenzentrale von Kaffee Partner in Osnabrück präsentiert. Ein Neubau könnte sich an der dort umgesetzten Architektur orientieren. Ich frage mich: Ist so ein futuristisch anmutendes Gebäude das, was wir Bürger an diesem prägnanten Platz wollen? Ist so ein Gebäude gut für die weitere Entwicklung des Areals rund um die Marina?
Was wir gegenwärtig im Sanierungsgebiet Hafenstraße am Mittelandkanal vorfinden: Eine hochverdichtete, eintönig und beliebig wirkende Wohnbebauung, die sich auf der Nordseite des Kanals im Neubaugebiet Apfelgarten fortsetzt. Derzeit befindet sich das Objekt „An der Marina 1“ in der Fertigstellung: Die ursprünglich dort geplante Gastronomie im Erdgeschoss ist inzwischen obsolet und wurde vom Investor durch eine reine Wohnbebauung ersetzt – zur Verwunderung nicht weniger Bürger, wie ich in vielen persönlichen Gesprächen feststellen konnte. Meiner subjektiven Auffassung nach wurde hier eine grundlegende Chance für die Marina vertan, die das Hafen-Areal aufgewertet und mit Leben gefüllt hätte! Betrachten wir die Wohnbebauung zwischen Marina und Kanalbrücke, dann sehen wir eine Quartiersbildung, die bedingt durch die Eingrenzung zwischen Kanal auf der einen Seite und Bahnstrecke auf der anderen, in Zügen einer sogenannten „Gated Community“ ähnelt: Einem in sich geschlossenen sozialen Raum, der von seinem Umfeld entkoppelt ist! Mit der reinen Wohnnutzung des Objekts „An der Marina 1“ verstärkt sich dieser Effekt ohne Zweifel, mit den entsprechenden Auswirkungen auf das direkte Marina-Umfeld: Was den ursprünglichen Sanierungsplänen nach durch seine Attraktivität zum Verweilen einladen sollte, läuft Gefahr zu einem exklusiven Milieuumfeld ohne dauerhaften Aufenthaltswert für die Allgemeinheit zu verkommen!
Nun möchte ich den Blick auf jenes Objekt lenken, das viele Bürger*innen unserer Gemeinde, aber auch darüber hinaus, beschäftigt: Der alte Speicher. Meine Gedanken hierzu sind die Folgenden: Ein attraktives urbanes Umfeld, in dem auch wir Bürger uns wohl- und aufgehoben fühlen, wird durch eine Vielzahl an Faktoren beeinflusst. Einige dieser Faktoren sind beispielsweise die Nähe zum Ortszentrum und dem Einzelhandel, aber auch die Möglichkeit der Freizeitgestaltung. Nicht zuletzt wird der Charakter eines attraktiven urbanen Lebensraumes auch durch die Diversität der mit ihr im Kontext stehenden Bebauung bedingt! Ein sanierter und in eine neue Nutzung überführter Speicher durchbricht die Einheits-Architektur beiderseits des Kanals und gibt dem Sanierungsgebiet als Gesamtensemble erst jenen Charakter, der dem Areal ein Alleinstellungsmerkmal über die Grenzen des Osnabrücker Landes hinaus verleiht. Hieraus ergibt sich die große Chance für unsere Gemeinde, nicht nur Touristen, sondern auch neue Mitbürger durch die gewonnene Attraktivität zu werben! Auch hiervon würden wir als Bürger der Gemeinde profitieren.
Die Aufenthaltsqualität an der Marina für die Bürger und Gäste unserer Gemeinde macht sich indes nicht alleine durch die jetzt entstehende Uferpromenade fest: Hierfür ist meiner Auffassung nach eine Belebung des Platzes rund um den Speicher durch Gastronomie unumgänglich: Bei einem Glas Wein oder einem guten Essen am Wasser zu verweilen, erhöht die Attraktivität der Marina und darf an diesem Platz nicht fehlen! Dem aufmerksamen Zuhörer der Bürgerversammlung wird nicht entgangen sein, dass Gastronomie auf Seiten der Abrissbefürworter nicht vorgesehen ist. Die entsprechende Präsentation verdeutlichte diese Position! Ein Neubau, wie ihn die Abrissbefürworter an Stelle des Speichers forcieren und der eine schnelle Rendite generiert, dient einzig der Kapitalvermehrung von Investoren – und hat keinerlei Mehrwert für die Allgemeinheit. Er würde somit eine reine Wohnbebauung nach sich ziehen – ohne Gastronomie! Die Folge einer solchen Umsetzung wäre keine Steigerung der Aufenthaltsqualität in einem Areal, das zum Großteil durch Steuergelder saniert wurde – sondern das Gegenteil! Für uns Bürger wäre die Marina somit eine vertane Chance, aus der nur vergleichsweiser wenige, finanzstarke Personen Nutzen ziehen. Ist diese Entwicklung das, was wir Bürger dort an der Marina wollen?
Bad Essen zeichnet sich aus durch eine gelungene Verbindung von alter und neuer Bebauung, wie beispielsweise rund um das Kurhotel Höger. Dieses Konzept sollte auch am Kanal durch den Erhalt und die Umnutzung des alten Speichers fortgeführt werden! Ohne Zweifel: Die Firmenzentrale von Kaffee Partner ist ein architektonisches Highlight. Eine Bauweise, die sich an diesem oder ähnlichen Gebäuden orientiert, passt meiner Auffassung nach jedoch an dem Platz an der Marina nicht in das Ortsbild von Bad Essen! Die Bürgerinitiative kann hingegen in Zusammenarbeit mit einer Architektin mit einem möglichen, ressourcenschonenden Nutzungskonzept für den Speicher aufwarten, welches Raum für vielfältige Ausbauvarianten, inklusive einer belebenden Gastronomie, lässt.
Ich habe das Sanierungsgebiet Hafenstraße immer als eine große Chance für unsere Gemeinde begriffen und das Projekt positiv begleitet. Angesichts der destruktiven Ausrichtung der Abrissbefürworter in Verbindung des Fehlens eines wirklichen Nachnutzungskonzepts des Speicher-Areals, fordere ich daher: Überdenken Sie Ihre Position, und setzen Sie sich mit der Bürgerinitiative an einen Tisch. Bündeln Sie Ihre Kompetenzen, Kontakte und Ideen und schaffen mit dem Speicher ein Bauwerk, das die Attraktivität des Sanierungsgebietes sowohl für uns Bürger und die Gäste unserer Gemeinde, als auch für Investoren nachhaltig und für die kommenden Generationen stärkt!
Frank Wobig, Bad Essen / Im Oktober 2018.
Hinweis der Initative: Leserbriefe, die hier unter der Rubrik „Meinungen“ zu finden sind, sind stets persönliche Meinungsäußerungen des jeweiligen Verfassers, welcher jeweils am Ende des Textes benannt ist.